Für einen autistischen Menschen kann es unglaublich schwer sein, den Friseur zu wechseln, einem Friseur zu vertrauen oder generell einen Friseur zu besuchen.

Für viele Menschen ist dieses Problem kaum nach zu vollziehen. Dabei ist es eigentlich gar nicht so  abwegig, dass Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung, die Besonderheiten in ihrer Wahrnehmungsverarbeitung zeigen, Reize anders wahrnehmen und verarbeiten, sehr empfindsam darauf reagieren und sich in der Atmosphäre beim Friseur schlichtweg unwohl und völlig reizüberflutet fühlen.

In einem Friseursalon ist es häufig sehr laut: Es hallt, es wird Musik abgespielt, andere Kunden schnattern wild durcheinander, der Fön und die Rasierapparate ertönen, das Wasser läuft, es klingelt, wenn jemand den Salon betritt. Insgesamt ist die Akustik schon allein durch die Fliesen ungewohnt.

Selten kommt es vor, dass man mit der Friseurin oder dem Friseur allein im Salon ist. Meist sind viele andere Menschen vor Ort. Fremde Menschen, keine Vertrauten. Überall hängen Spiegel, in denen man sich und die anderen betrachten kann. Das Licht ist oft sehr grell. Ungewohnte starke Gerüche nach Färbemittel oder Shampoos kommen auch noch hinzu.

Viele Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung lehnen Körperkontakt ab und werden nicht gern berührt – schon gar nicht von nicht vertrauten Personen. Bei einem Friseurbesuch erlebt man jedoch genau das. Ständig fummeln die Hände am Kopf herum, die Schere klappert, der laute Fön pustet direkt neben den Ohren.

Diese ganzen Reize können für einen autistischen Menschen völlig überfordernd und reizüberflutend und somit traumatisierend sein.

Aus diesem Grund versuchen viele Eltern, ihrem autistischen Kind zuhause selbst die Haare zu schneiden und lassen sich hierbei Einiges einfallen. Aus meiner Praxis kenne ich einige Eltern, die ihren Kindern nachts, wenn sie schlafen, die Haare schneiden oder die Haare ein bis zwei Mal im Jahr komplett abrasieren.

Tipps für das Haareschneiden zuhause von Eltern für Eltern:

  • Geben Sie Ihrem Kind Zeit, zeigen Sie Ihm die Haarschneidemaschine und lassen Sie ihn diese erkunden und anfassen
  • Verwenden Sie eine Haarschneidemaschine, die nasse Haare schneidet, da es nicht so sehr ziept, wenn die Haare nass sind
  • Verwenden Sie einen sehr leisen Haarschneider (der macht weniger Angst)
  • Vermeiden Sie den Fön, wenn Ihr Kind dieses Geräusch ablehnt
  • Schalten Sie während des Haareschneidens den Fernseher ein und stellen Sie den Lieblingsfilm Ihres Kindes an, um Ihr Kind abzulenken
  • Je nachdem, ob Ihr Kind gern in den Spiegel schaut oder nicht: Schneiden Sie die Haare vor dem Spiegel, damit Ihr Kind sieht, was geschieht oder vermeiden Sie den Spiegel, wenn Ihr Kind Angst davor hat
  • Schneiden Sie die Haare immer am selben, festen Platz, auf dem selben Stuhl
  • Wenn Sie nicht selbst schneiden möchten: Bestellen Sie sich einen Friseur/ eine Friseurin nach Hause (so bleibt das Umfeld vertraut)

Falls Sie sich doch dafür entscheiden, einen Friseursalon auf zu suchen, sorgen Sie dafür, dass der Besuch für Ihr Kind so angenehm wie möglich wird. Versuchen Sie, einen Termin zu bekommen, zu dem keine anderen Kunden oder zumindest wenig andere Kunden anwesend sind. Bitten Sie im Vorfeld darum, die Musik abzustellen, wenig zu reden, langsam zu arbeiten und einzelne Schritte vorzeitig anzukündigen. Nehmen Sie das gewohnte Shampoo Ihres Kindes mit bzw. waschen Sie Ihrem Kind bestenfalls schon vorher zuhause die Haare. Was Ihr Kind mag und was es ablehnt, wissen Sie als Eltern am Allerbesten. Gehen Sie gedanklich durch, welche Punkte ihn beim Friseur stören könnten und sprechen Sie genau diese Punkte beim Friseur an.

So wird der nächste Friseurbesuch hoffentlich kein traumatisierendes Erlebnis für Sie und Ihr Kind.